Reisebericht zum Jugendaustausch „Lokale Antworten auf globale Fragen: Instrumente zur Stärkung der Frauenrechte in der Türkei und in Deutschland“.
Am 19. März 2021 trat die Türkei als erstes Land aus der Istanbul-Konvention aus. Dieses 2011 in Istanbul verabschiedete Übereinkommen des Europarates dient zur Verhütung und Bekämpfung von Gewalt gegenüber Frauen und häuslicher Gewalt. Mit einer einwöchigen Ideenwerkstatt in Istanbul haben wir die Ziele der Konvention, ihre Auswirkungen und vor allem die Auswirkungen des kürzlichen Austritts der Türkei näher beleuchtet. Dabei haben wir ein besonderes Augenmerk auf das Thema Gewalt gerichtet. Neben physischer Gewalt sind unter anderem auch digitale, psychische und finanzielle Gewalt ein großes Thema. Gemeinsam mit unserer Partnerorganisation Küresel Eşitlik ve Kapsayıcılık Ağı Derneği (KAPI), die in der Türkei im Kampf gegen Gewalt an Frauen und verwundbaren Gruppen tätig ist, konnten wir das einwöchige Programm in Istanbul erfolgreich umsetzen.
Insbesondere lag der Fokus auf lokalen städtischen Verwaltungen und ihren Maßnahmen zur Stärkung von Frauenrechten. Aufgrund der Nähe zu Bürger*innen kann die lokale städtische Politik des weiteren einen großen Beitrag im Kampf gegen Gewalt an Frauen leisten. Viele Städte, insbesondere Istanbul und Berlin, haben mit verschiedenen Instrumenten wie Frauenhäusern, Beratungsstellen oder auch Präventionsarbeit bereits sehr gute Projekte gestartet. Innerhalb des Projekts konnten daher die Teilnehmenden ihre Erfahrungen austauschen und Denkanstöße für die Umsetzung ähnlicher Projekte in der eigenen Stadt mitnehmen.
Wissensaustausch & Kennenlernen: Am ersten Tag waren wir in den Räumlichkeiten der Gemeinde Bakirköy zu Gast, wo Vertreter*innen beider Vereine den Teilnehmenden die Situation zur Gewalt, Zahlen, Daten, Fakten, sowie aktuell eingesetzte Präventionsmaßnahmen in Deutschland und der Türkei präsentiert haben.
Damit sich die Teilnehmenden aus der Türkei und aus Deutschland besser kennenlernen und als Team zusammenwachsen, haben wir jeden Tag 3- 5 Icebreaker Spiele gespielt, wodurch eine lockere und entspannte Kommunikation zwischen den Teilnehmenden erreicht wurde.
Nachdem Austausch wurden die Teilnehmenden gebeten, auf Basis ihrer Erfahrung sowie der neuen Erkenntnisse aus den Vorträgen für sich selbst die wichtigsten Punkte aufzuschreiben. Diese Punkte/Fakten bilden das Fundament des Workshops sowie des Policy Papers.
Gemeinsame Abendveranstaltung:
Als Abschluss des Tages gab es eine freiwillige Teilnahme an dem Theaterstück „Madame Guillotine“. Das Stück steht für das Schicksal der Frauen. Die Heldinnen des Stücks, die auf der Guillotine sterben, stehen für diejenigen, die im Kampf um die Menschenrechte immer zurückstecken mussten. Aber jedes Mal, wenn sie gehen, hinterlassen sie ein Lachen, das nie aus den Ohren derer verschwindet, die ihnen das Leben zur Hölle machen, und das noch lange zu hören sein wird. Dieses Stück regte die Inspiration an und sorgte für angemessen Input zur Diskussion und Austausch zwischen den Teilnehmenden. Außerdem half es dabei das Team noch mehr zusammen zu bringen.
Muhtar: Der zweite Tag war geprägt von Besuchen. Die Teilnehmenden wurden im Büro der Gemeinde von einem Bus abgeholt und zu verschiedenen Frauen in traditionell männlich besetzten Ämtern gebracht. Die erste Station war das Büro der Muhtar. Ein(e) Muhtar ist der Türkei eine gewählte Vorsteherin in den Dörfern oder Städtteilen, welche sich um die Anliegen der Einwohner kümmert. Den Teilnehmenden wurde Nahe gebracht, dass die Muhtars eine Schlüsselrolle im Kampf gegen Gewalt spielen.
Nachdem Besuch bei der Muhtar ging die Reise weiter zu Frauenberatungsstellen sowie von Frauen geführte Einrichtungen, wo die Teilnehmenden tiefe Einblicke in die Arbeit der Frauen dort erhielten und Fragen stellten konnten.
Danksagung & Verabschiedung:
Zum Abschluss des Tages haben wir uns von den Rednern sowie unserem Gastgeber der Gemeinde Bakirköy verabschiedet und herzlich bedankt. Denn am nächsten Tag ging es ins Istanbul Policy Center, wo der Workshop mit den Teilnehmenden fortgeführt wurde.
Case Study und Policy Paper:
Die letzten beiden Tage konzentrierten sich auf die gemeinsame Erarbeitung des Policy Papers. Außerdem wurden weitere Rednerinnen eingeladen, um für weitere Fakten und Inspiration zu Sorgen. Besonderes thematisches Augenmerk lag auf Frauen in der Politik und deren Diskriminierungs- und Gewalterfahrungen (Ben Seçerim) sowie auf der medialen Darstellung von männlicher Gewalt (Bianet).
Vorträge & Besuche: Die Teilnehmenden nahmen an weiteren Vorträgen zur Medienmanipulation und Kommunikation, Recht und Gesetze zur Stärkung von Frauen und schwacher Gruppen sowie über die Istanbul Konvention teil.
Die Teilnehmenden haben den Workshop erfolgreich beendet.
Präsenz und Kommunikation: Newsfindy – Demokrat Haber – Bianet
Output: Policy Paper
Mit großer Unterstützung durch die Deutsch-Türkische Jugendbrücke.
Vielen Dank für Eure Teilnahme!